Liebe Freundinnen, Freunde, Patinnen und Paten, Spenderinnen und Spender,
A Bowl of Compassion feiert sein 15-jähriges Bestehen. Und während ich diese Zeilen tippe, kam mir sofort ein Gedanke in den Sinn: Das ist einfach unglaublich! Viele von euch kennen mich persönlich, vor allem die Menschen, die von Anfang an dabei waren und mich bei meiner Idee mental und auch finanziell unterstützt haben. Sie kennen auch die Geschichte hinter A Bowl of Compassion und was mich damals bewegte, nach Indien zu gehen, um in Bodhgaya/Bihar eine Suppenküche zu gründen. Für all diejenigen von euch, die die Geschichte noch nicht kennen, möchte ich sie anlässlich unseres 15-jährigen Jubiläums gerne noch einmal erzählen.
Das Erste was ich erwähnen muss ist, dass ich zu keinem Zeitpunkt vorhatte, einen gemeinnützigen Verein zu gründen..
Ebenso wenig hatte ich vor, Schulen zu gründen. Ich war ein Reisender ohne feste Wohnung, der mit Hilfe seiner Freunde einigen Familien eine tägliche warme Mahlzeit kochen wollte.
In den zwei Jahren, in denen ich die Welt bereiste, hatte ich viel Zeit, mich mit mir selbst auseinanderzusetzen. Ich hatte meine Wohnung gekündigt und meinen Besitz verschenkt, um mich von vielem Materiellen zu lösen und herauszufinden, was ich wirklich im Leben brauche. Mein Gepäck war reduziert auf eine Jutetasche mit zwei Hosen, einem T-Shirt, einem Hemd, etwas Unterwäsche sowie einem Tagebuch und einer analogen Kamera. Diese auf das Wesentlichste beschränkte Einfachheit und die Zeit alleine haben etwas in mir verändert. Sie haben in mir einen Frieden geschaffen, aus dem ein Gefühl erwuchs, das ich später als Mitgefühl (Compassion) erkannte. Dadurch, dass ich nichts mehr besaß, was ich unbedingt festhalten musste, entwickelte ich so etwas wie eine Sensibilität für das Befinden meiner Mitmenschen. Ich hatte ein aufrichtiges Interesse an ihrem Wohlergehen – ein Gefühl, das ich in dieser Intensität bis dato nicht kannte.
Plötzlich fühlte ich einen tiefen Sinn darin, Menschen zu helfen, und ich merkte, wie mein innerer Kompass mich führte und mich diese Vision nicht mehr losließ. Ich hatte keinen Zweifel daran, dass ich die richtige Person treffen würde, mit der ich mein Leben in den Dienst bedürftiger Menschen stellen konnte. Und so reiste ich durch Indien und richtete stets meine Fühler aus.
Bodhgaya sollte eigentlich nur ein kurzer Aufenthalt werden, aber es war genau dieser Ort, an dem ich meinen heutigen Freund und Arbeitspartner Murari Singh traf. Zu dieser Zeit reiste ich mit Joana aus Deutschland, die während der Reise zu einer sehr guten Freundin wurde. Joana wurde Zeugin von dem was dann passierte und sie hat mir noch vor einigen Tagen am Telefon geschildert, wie magisch sie den Moment fand als ich Murari zum ersten Mal traf. Es war an einem frühen Morgen in der Monsuzeit, als wir das Restaurant von Murari betraten. Zu dieser Zeit war es nicht leicht Essen zu finden, von dem man nicht sofort krank wurde. Ich hatte bereits etliche Magenvergifungen hinter mir und das Restaurant machte auf mich einen vertrauensvollen und sauberen Eindruck. Hier bestellte ich dann das Gericht, welches die Freundschaft zwischen mir und Murari besiegeln sollte: „Asha Breakfast!“ Es war ein Gericht aus Kartoffeln, gekochten Eiern, jeder Menge Gewürzen, Korianderblättern, Tomaten und Chili. Da ich zu jener Zeit sehr wenig aß, um mein Reisebudget beisammenzuhalten, brachte ich nur 67 kg auf die Waage. Dieses Gericht war so unglaublich lecker und sättigend, es erinnerte mich obendrein an deutsche Bratkartoffeln, die ich sehr vermisste.
Ich war so verliebt in dieses Gericht und lobte den Koch in den höchsten Tönen. Sofort suchte ich die Blicke der Angestellten um meine Dankbarkeit zum Ausdruck zu bringen. Das war der Moment an dem sich Murari an unseren Tisch setzte.
Er war neugierig und fragte wie es uns in Indien ergeht. Wir berichteten von dem was wir erlebt hatten. Ich erzählte ihm von der großen Armut, die man an jeder Ecke des Landes sah, und darüber, was mich innerlich antrieb. Diese für mich schockierenden Lebensverhältnisse hatte ich in keinem Land zuvor gesehen. Als ich ihm von meinem tiefen Bedürfnis erzählte, etwas für die von Armut betroffenen Menschen auf die Beine zu stellen, funkelten Muraris Augen. Enthusiastisch erzählte er mir davon, dass ihn genau dasselbe bewegt wie mich und dass er schon seit längerer Zeit auf die richtige Person wartet, um ein soziales Projekt zu starten.
Da meine Leidenschaft schon immer das Kochen war, hatte ich darüber nachgedacht, die Idee einer Suppenküche nach Indien zu bringen. Ich konnte mir sehr gut vorstellen, für die Menschen in Indien zu kochen. Murari hielt dies für eine tolle Idee. Er holte einen Taschenrechner, um mir zu zeigen, wie viel Geld wir für eine Person pro Monat benötigen würden, damit diese eine warme Mahlzeit am Tag bekommen kann. Als er den Rupien-Betrag in Euro umrechnete, konnte ich es einfach nicht glauben: 5 Euro, um eine Person täglich mit einer warmen Mahlzeit zu versorgen.
Ich wusste, dass ich gutherzige Freunde habe, die unsere Mission unterstützen würden. Selbst wenn ich nur fünf meiner Freunde von unserer Suppenküche überzeugen könnte, wäre mein Ziel erreicht. Allein schon das Leben einer Person zu bereichern, war für mich Motivation genug, um zurückzukehren.
Wir grinsten uns an, und ich sagte Murari, dass er mich in einem Jahr wiedersehen wird. Ich konnte nicht schnell genug nach Deutschland zurückkehren. Noch nie hatte ich eine Mission, die für mich so viel Sinn machte und für die ich so innerlich brannte.
In Deutschland angekommen, konnte ich sofort meine Freunde von der Idee begeistern. Sie sagten mir ihre Unterstützung zu, und ich war super dankbar. Doch es gab auch Menschen, die das alles für einen Tropfen auf dem heißen Stein hielten. Doch sie konnten das Feuer in mir nicht ersticken. Ich wusste das aus vielen Tropfen ein ganzer Fluss werden kann.
Kurze Zeit nach meiner Ankunft hatte die Dortmunder Rundschau von mir erfahren und lud mich für ein Interview ein. Es ging alles Schlag auf Schlag, und ich war plötzlich gar nicht sicher, ob ich für diese Art von Aufmerksamkeit bereit bin. Dies würde bedeuten, dass viele Menschen von dem Projekt erfahren, und ich würde ein Spendenkonto benötigen. Ein paar Euros von Freunden wären kein Problem gewesen, aber sollten es mehr Spender werden, brauchte ich ein Spendenkonto.
So naiv, wie ich nach dem Reisen war, ging ich direkt zur Sparkasse und bat die Mitarbeiterin dort, ein Spendenkonto für mich zu eröffnen. Diese hatte nur ein nettes Schmunzeln für mich übrig und verwies mich darauf, dass ich die Satzung eines eingetragenen gemeinnützigen Vereins mit sieben Gründungsmitgliedern benötige, um ein Spendenkonto anlegen zu können.
Diese Konfrontation mit der Realität brachte mich ins Wanken. Ich wollte eigentlich nur für einige Familien kochen und eine kleine Suppenküche starten, falls es möglich ist. Einen Verein zu gründen, klang für mich sehr groß und nach viel Verantwortung.
Als ich wieder zuhause angekommen war, ging ich in mich. Ich lebte zu diesem Zeitpunkt vorübergehnd bei meiner Mutter, die von meiner Idee alles andere als begeistert war. Doch ich wollte das Projekt nicht aufgeben und ich hatte Murari versprochen, dass ich in einem Jahr zurück sein werde. Diese Vision war wie ein Polarstern für mich, und ich war gewillt, alle Hürden die kommen würden zu nehmen. Also telefonierte ich mit Manuel Bieh, einem guten Freund von mir, der schon bei mehreren Vereinsgründungen dabei war. Er war bereit, mir zu helfen, und so gründeten wir dann mit sechs weiteren meiner Freunde „A Bowl of Compassion e.V.“ im Wenkers Keller in Dortmund.
Wir schafften es noch rechtzeitig vor dem Rundschau-Interview, das Vereinskonto bei der Sparkasse zu eröffnen. Es war unglaublich, denn als der Artikel erschien, gingen auch schon einige Spenden für die Suppenküche auf dem Konto ein. Zeitgleich fing ich an, einen Blog zu starten, der meine Reise zurück nach Indien dokumentierte und auf dem ich die ersten Berichte aus der Suppenküche für unsere Spender veröffentlichen wollte. Dies war im Juli 2009.
Den Artikel aus der Rundschau gibt es sogar noch online. Dies ist der Link :
https://www.wr.de/staedte/dortmund/article514029/eine-schuessel-voll-mitgefuehl.html
Ab diesem Zeitpunkt nahm die Geschichte ihren Lauf. Im November 2009 zogen wir mit der Hilfe unserer großzügigen Unterstützerinnen und Unterstützer die ersten Mauern unserer Suppenküche hoch. Reisende aus aller Welt besuchten uns, um tatkräftig mitzuhelfen, und diese Zeit wurde für viele von uns unvergesslich. Einige dieser Menschen wurden zu engen Freundinnen und Freunden, die uns bis heute regelmäßig besuchen.
Da unser Budget anfangs sehr begrenzt war, gestaltete sich alles äußerst einfach. Wir kochten das Essen auf einem Lehmofen, und unsere Gäste saßen auf Teppichen, während sie ihre Mahlzeiten genossen. Viele der Besucherinnen und Besucher unserer Suppenküche waren Kinder, was uns auf die Idee brachte, sie im kleinen Rahmen zu unterrichten. Also starteten wir spontan draußen in kleinen Gruppen. Diese Improvisation, die in Indien allgegenwärtig ist, wurde zu einem Schlüssel für unser weiteres Wachstum.
Was damals als kleine Idee begann, entwickelte sich in den folgenden Jahren zu etwas Größerem, als wir je erwartet hätten: Zwei Schulen mit insgesamt 150 Kindern wurden eröffnet. Diese Kinder erhalten nicht nur eine fundierte Bildung, sondern auch täglich eine warme Mahlzeit. Wir haben die Entwicklung all dessen nicht vorausgesehen – wir sind mit unseren Aufgaben gewachsen.
Es gibt unzählige Geschichten, die ich erzählen könnte, aber vielleicht lasse ich an dieser Stelle einfach einige Bilder aus 15 Jahren A Bowl of Compassion e.V. für sich sprechen.
Eines ist sicher: Ohne Euch wäre all das niemals möglich gewesen! Eure Unterstützung, Eure Großzügigkeit und Euer Glaube an unsere Mission sind das Fundament, auf dem alles steht. Dafür bin ich unendlich dankbar!
Ein besonderer Dank geht an meinen guten Freund Marcel Fleitmann, der uns von Anfang an mit seinem Fachwissen als Steuerberater zur Seite steht. Ohne seine Hilfe hätte ich mich niemals um beides – die Arbeit vor Ort und die Bürokratie – gleichzeitig kümmern können. Marcel hat uns eine große Last abgenommen, und dafür danke ich Dir von Herzen, mein Freund!
Die Geburtsstunde von A Bowl of Compassion in Bildern

Bevor ich Murari traf, war ich mit meiner guten Freundin Joana in Bangladesch unterwegs. Wir lernten eine einheimische Familie kennen, die sich sehr rührend um uns gekümmert hat. Zu dieser Zeit war es aus Sicherheitsgründen nahezu unmöglich, als Reisender ein günstiges Gasthaus zu finden. So durften wir bei dieser Familie übernachten. Die Busfahrt von Kalkutta nach Dhaka dauerte 24 Stunden.


Auf dem linken Foto bin ich 2008 in Yangon/Myanmar mit 67 kg. Durch die Mageninfektionen verlor ich viel Gewicht. Es sollte nicht mehr lange dauern, bis ich Murari treffe. In dieser Umhängetasche hatte ich mein gesamtes Reisegepäck. Mehr gab es nicht. Die Tasche wurde mir später im Zug nach Bodhgaya geklaut, und ich war komplett ohne Geld und Gepäck. Circa 1,5 Jahre später sieht man mich auf der rechten Seite, kurz vor meiner Rückreise nach Indien. Ich hatte in Deutschland wieder Gewicht zugelegt, was ich dann aber in Indien schnell wieder verloren habe.

November 2009: Nach einer ermüdenden Reise mit dem Zug komme ich in Bodhgaya an um zusammen mit Murari die Suppenküche zu starten. Zu diesem Zeitpunkt war mir nicht klar, dass wir die nächsten 15 Jahre damit verbringen diese Mission gemeinsam voranzutreiben. In den nächsten Bildern zeige ich euch, wie die Geschichte weiterging.



Nur einige Tage nach meiner Ankunft kamen auch schon die ersten Besucher zu uns. Ich war überwältigt und tief berührt. Mit meiner analogen Kamera machte ich einige Aufnahmen für den damaligen Blog von A Bowl of Compassion. Ein Großteil der Kinder, die zu uns kamen, wurden später Schülerinnen und Schüler in unserer Grundschule. Zu diesem Zeitpunkt wusste ich noch nicht, dass wir bereits Wochen später eine Schule gründen würden

Die ersten Wochen vergingen wie im Flug, und ich erinnere mich noch gut daran, wie mir Murari eines Tages dieses traditionelle Gewand in die Hand drückte und sagte: „Heute geht’s los!“ Ich war völlig überrascht, doch im Laufe der Jahre lernte ich immer wieder, dass in Indien vieles spontan passiert und es besser ist, nicht zu viel zu planen. Ich kann mich noch gut daran erinnern, dass ich mich in diesem gelben Longhi (Männerrock) ziemlich unwohl fühlte. Aber für das Einweihungsritual war es unerlässlich, erklärte mir Murari. An diesem Tag kamen hunderte Menschen zu uns, und das war für mich eine überwältigende Erfahrung.


Auf diesem traditionellen Lehmofen bereiteten wir die ersten Mahlzeiten für die Besucher unserer Suppenküche zu. Zu dieser Zeit hatten wir weder Stromanschluss noch fließendes Wasser. Als Brennstoff für den Ofen verwendeten wir getrockneten Kuhdung, der im nächsten Bild zu sehen ist.

In ländlichen Gebieten von Bihar, wo es oft an Elektrizität und modernen Brennstoffen mangelt, wird getrockneter Kuhdung traditionell als Brennmaterial zum Kochen verwendet. Da viele Haushalte weder Stromanschlüsse noch fließendes Wasser haben, stellt Kuhdung eine wichtige Energiequelle dar.

Die ersten Gäste unserer Suppenküche genießen ein leckeres Gemüse-Curry. Ich werde diese Zeit nie vergessen, weil ich jeden Tag tief ergriffen war von dem Gedanken, dass wir es wirklich geschafft hatten, unsere Mission umzusetzen. Diese Menschen, die oft unter schwierigen Bedingungen lebten, konnten nun jeden Tag eine warme Mahlzeit genießen – und das war ein unglaubliches Gefühl.


Die Entstehung unserer Grundschule
Da so viele Kinder aus den umliegenden Dörfern unsere Suppenküche besuchten, fingen wir an, ihnen ab und zu unter freiem Himmel das Lesen und Schreiben beizubringen. Zu der Zeit hatten wir noch keine richtigen Räumlichkeiten, also saßen die Kinder auf einem Teppich und machten voller Neugier mit. Wir kauften einige Lernposter und brachten ihnen englische Wörter bei, ebenso das ABC. Da wir noch kein Budget für Tische und Stühle hatten, aßen die Kinder auf dem Boden – genauso, wie sie es von zu Hause kannten.
Es war eine Zeit, in der noch vieles im Aufbau war, aber mit jeder eingegangenen Spende konnten wir ein weiteres wichtiges Element zu unserem Projekt hinzufügen. Obwohl wir nicht viel hatten, war es erstaunlich, wie viel wir gemeinsam bewirken konnten. Besonders schön war es zu sehen, wie die Kinder eifrig mitlernten und dabei immer neugieriger wurden.

Ich erinnere mich an einen Nachmittag, als ich nach Feierabend eine Tasse Kaffee trank und auf den Teppich schaute, auf dem die Kinder jeden Tag zum Lernen saßen. In diesem Moment fragte ich mich: Wie soll das im Winter werden? Mir wurde klar, dass wir dringend Räumlichkeiten brauchten. Dieser Gedanke markierte den Beginn eines neuen Kapitels: der Eröffnung unserer Grundschule.
Mit der Unterstützung unserer großartigen Spendergemeinschaft konnten wir für insgesamt 3.000 Euro unseren ersten Klassenraum und eine Küche errichten. In dieser Küche zauberte Sushma später Tausende von Gerichten für unsere Gäste und die Kinder.


Während ich in Indien war und regelmäßig auf unserem Blog über die Geschehnisse vor Ort berichtete, sprach sich unsere Arbeit unter meinen Freunden immer weiter herum. Was als kleines, persönliches Projekt begann, gewann immer mehr an Aufmerksamkeit. Bald schon spendeten nicht nur meine Freunde, sondern auch deren Familienmitglieder und Bekannte. Es war das erste Mal, dass uns Menschen unterstützten, die ich nicht persönlich kannte. Dieser Moment war für mich ein Wendepunkt – ich merkte, dass dieses Projekt längst mehr geworden war, als ich je erwartet hatte.
Ich stand an einem entscheidenden Punkt. Ich musste mich fragen, ob ich bereit war, mein Leben dieser Aufgabe zu widmen. War ich der Verantwortung gewachsen? Würde ich dieser Herausforderung gerecht werden? Es war eine Zeit des Zögerns, aber auch der Klarheit. Ich hörte auf meine Intuition, und sie sagte mir, dass ich mit all meinem Herzen und meiner Energie hinter diesem Projekt stehen wollte.
Die ersten Freiwilligen
Die Entstehungsjahre waren geprägt von internationalem Besuch – Reisende aus aller Welt kamen zu uns. Viele waren so begeistert von dem Ort, an dem unsere Suppenküche liegt, dass sie am liebsten bei uns übernachten wollten – und genau das taten sie. Oft führten Jugendliche aus unserem Dorf die Rucksackreisenden zu uns. Unsere Suppenküche liegt weit weg vom hektischen Treiben der Innenstadt, und genau das war für viele Durchreisende eine wohltuende Abwechslung. Besonders angenehm war, dass sie bei uns nicht von hupenden Autos oder Menschenmengen umgeben waren.
Viele dieser Menschen sind auch heute noch sehr gute Freundinnen und Freunde von mir, und ich bin unendlich dankbar für jede einzelne Begegnung!

Jana aus Deutschland war unsere erste Volontärin. Sie kam selbst aus dem sozialen Bereich und engagierte sich sehr für unsere Kinder. Als sie zu uns stieß, hatten wir gerade die Bauarbeiten an der Küche abgeschlossen. Hier half sie Sushma bei der Vorbereitung eines Auberginen-Kartoffel-Currys für unsere Schulkinder.


Viktor und Paweena aus Norwegen kamen kurz nach Jana zu uns. Sie waren sehr motiviert und halfen bei der Essensausgabe sowie auch beim Streichen unseres ersten Klassenraums. Ich weiß noch, dass ich mir eine Verlängerung für die Streichrolle aus einem langen Ast bastelte. Zu jener Zeit mussten wir viel improvisieren. Eine Fertigkeit, die ich mir in den nächsten Jahren immer mehr aneignete, da der Großteil des Alltags in Indien nicht geplant, sondern improvisiert ist. Je mehr ich plante, umso weniger konnte ich die Pläne tatsächlich umsetzen. Ich lernte schnell, dass ich zum Inder werden muss, wenn ich vorhabe, mich dieser Arbeit für die nächsten Jahre zu widmen.


Die ersten Jahre waren eine ganz besondere und unvergessliche Zeit. A Bowl of Compassion wuchs ganz langsam. Wir konnten immer nur kleine Veränderungen vornehmen. Mal strichen wir eine Wand, mal konnten wir neue Töpfe und Geschirr für Sushmas Küche einkaufen oder Schulhefte und Stifte für die Kinder.
Abends machten wir oft ein Feuer, und jeder berichtete von seinen Reisen. Dies war eine Sache, die uns alle verband: das Reisen, unser abenteuerliches Herz und der Wille, die Welt im Rahmen unserer Möglichkeiten zu einem besseren Ort zu machen.

Zu dieser Zeit kam auch Lara aus Berlin zu uns. Wir wussten damals noch nicht, dass dies der Beginn einer besonderen Freundschaft werden würde. Lara besuchte uns nach ihrem ersten Aufenthalt Jahr für Jahr, und sie wird von Muraris Familie wie eine eigene Tochter behandelt. Ich kenne kaum jemanden, der die indische Kultur so gut versteht wie sie. Lara kennt die Bedeutung jedes Festivals und jeder indischen Gottheit. Wenn ich mal die Bedeutung eines der unzähligen hinduistischen Feste nicht weiß, frage ich einfach Lara. Lara hat sich nicht nur mit voller Leidenschaft bei A Bowl of Compassion eingebracht, sondern ist mir seit all den Jahren eine wahre Freundin, die mir mit Rat und Tat zur Seite steht. Dafür danke ich ihr von Herzen!“

Jade und Sheny lernte ich im Jahr 2010 kennen. Die beiden kamen, wie Lara, ebenfalls jedes Jahr zu uns, und wir verbrachten eine unvergessliche Zeit zusammen. Jade unterrichtete unsere Kinder, und sie gab mir zu der Zeit sehr wertvolle Ratschläge, wie wir unsere Arbeit trotz der schwierigen Umstände verbessern können. Das Projekt lag ihr sehr am Herzen. Ich traf die beiden im Jahr 2012 in Australien wieder, wo ich auf meinem zweiten Visum wieder Geld für meinen nächsten Indienaufenthalt verdienen wollte.
Wir wuchsen als Freunde zusammen, und ich bin sehr dankbar für unsere Begegnung. Als Jade im Jahr 2024 auf tragische Weise ums Leben kam, war dies für uns alle ein schmerzhafter Verlust. Mit Hilfe von Jades Familie bauten wir in Erinnerung an sie die „Jade Memorial Library“, eine kleine Schulbibliothek für unsere Kinder. Jade wies mich so oft auf die Notwendigkeit von guten Schulbüchern hin.
Wir werden dich nie vergessen Jade <3

Wenn eine Person nicht unerwähnt bleiben darf, dann ist es Ursula. Ich lernte Ursula Anfang 2010 kennen, als sie eines Morgens den Weg zu uns fand. Es war noch alles ziemlich chaotisch bei uns, und ihr prüfender Blick ist mir nicht entgangen. Ich sagte so etwas zu ihr wie: „Ich weiß, ich weiß, hier gibt es noch einiges zu tun :)“ Ich merkte sofort, dass sie Lust hatte, sich bei uns einzubringen. Bei einem Chai-Tee lernten wir uns besser kennen, und ich weiß noch genau, wie beeindruckt ich war, dass sie in ihrem Alter als Frau alleine durch Indien reiste.
In den darauffolgenden Jahren besuchte uns Ursula immer, wenn sie wieder in Indien war. Sie brachte nicht nur sich selbst mit, sondern auch unzählige Geschichten von ihren Reisen, die sie mir und den anderen Freiwilligen erzählte. Murari nannte sie einfach nur: „Mama.“ So wurde sie genannt. Für mich war sie eine große Inspiration, und es war für uns alle eine schmerzhafte Nachricht, als Ursula im Juli diesen Jahres von uns ging. Sie hat einen festen Platz bei uns in der NGO und wird von allen sehr vermisst! Ursulas Tochter Iris unterstützt ebenfalls zwei Patenkinder bei uns, und sie wird A Bowl of Compassion im Oktober 2025 besuchen kommen. Darauf freuen wir uns sehr!
In den Anfangsjahren hatten wir das Glück, viele wunderbare Menschen bei uns zu haben, die uns sehr ans Herz gewachsen sind. Nicht alle von ihnen finden hier Erwähnung, da es schlichtweg unmöglich wäre, jeden Einzelnen zu benennen. Ich habe hier nur die Freiwilligen der ersten Stunde festgehalten, doch auch danach besuchten uns viele weitere großartige Menschen, von denen jeder von uns unvergessen bleibt. Ich bin unglaublich dankbar, dass ich euch alle kennenlernen durfte.
Ein Zeitsprung in das Jahr 2024
Mittlerweile sind 15 Jahre vergangen, und viele unserer ehemaligen Schülerinnen und Schüler besuchen heute ein College. Es kamen immer neue Kinder, die bei uns zur Schule gehen durften. A Bowl of Compassion konnte langsam, aber stetig weiter wachsen. Es ist so viel mehr entstanden als meine anfängliche Idee einer kleinen Suppenküche. Durch eure Unterstützung konnten wir, nachdem unser erster Klassenraum gebaut war, fünf weitere Klassenzimmer errichten, sodass eine richtige kleine Grundschule entstand. Und das ist noch nicht alles: Im Jahr 2014 eröffneten wir unsere Mädchenschule im Dorf Karma, wo wir 50 Mädchen den Zugang zu Bildung ermöglichen konnten.
Mit eurer Hilfe haben wir unsere NGO (Nichtregierungsorganisation) in kleinen, aber entscheidenden Schritten aufgebaut. Wenn ich zurückblicke, kann ich selbst kaum fassen, welchen Weg wir gemeinsam gegangen sind. Es war nicht immer einfach – im Gegenteil. Aber wenn ich heute sehe, wie gut es unsere Kinder bei uns haben – wie sie ihre Schulmahlzeiten an einem sauberen Tisch essen und in richtigen Klassenzimmern lernen dürfen – dann bin ich unendlich dankbar, dass wir diesen Weg zusammen gegangen sind.
Aber eines ist klar, und das muss ich immer wieder betonen: Ohne euch hätten wir das alles niemals geschafft! Ich danke euch von Herzen, dass ihr seit so vielen Jahren dabei seid. Ebenso danke ich allen Menschen, die im Laufe der Jahre dazu gestoßen sind, sowie all den neuen Unterstützerinnen und Unterstützern unserer Arbeit.
Das Jahr 2024 neigt sich dem Ende zu. Die Welt hat sich verändert, und wir stehen global vor großen Herausforderungen. Das kann manchmal sehr bedrückend wirken und lässt uns machtlos fühlen. Auch wenn wir nicht auf alles Einfluss haben, was um uns herum geschieht, können wir in unserem Lebensradius für andere Menschen da sein und einen Unterschied machen. Das hat mir immer geholfen, meine Ohnmacht in Bezug auf die weltweiten Geschehnisse etwas zu verringern
Am Ende dieses Beitrags möchte ich noch einmal Mahatma Gandhi zitieren, der mich damals auf meiner inneren Reise sehr inspiriert hat, mit folgendem Zitat: „Be the change you wish to see in the world.“ – Sei du die Veränderung, die du dir in der Welt wünschst.
Abschließend findet ihr unterhalb dieses Textes noch einige besondere Momente aus 2024 in Bildern.
Ihr Lieben! Ich wünsche euch von Herzen ein friedvolles Weihnachtsfest im Kreise Eurer Familien und einen wundervolle Start in das Jahr 2025! <3
Danke für alles!
Euer Michael von A Bowl of Compassion e.V.
2024 -Ein Rückblick in Bildern

Unsere Schülerinnen und Schüler erhielten dieses Jahr neue Schuluniformen, ermöglicht wurde dies durch eine Spende von Verena von VBit-Consulting. Herzlichen Dank Verena.





Durch eine Spende der Schulte Henke Stiftung können wir unsere Kindern für ein ganzes Jahr täglich stärkende Snacks und besonders Früchte vor dem Unterricht anbieten. Die Schulte Henke Stiftung spendete ebenfalls für warme Kleidung für die Winterzeit. Die Kleidung ist bestellt und ich werde die Fotos von den Kindern mit den warmen Sachen bald hier hinzufügen

Im Frühjahr 2024 besuchten uns Michelle und Harald von der Michelle Chiou Foundation. Die beiden unterstützen Schulen weltweit mit finanzieller Hilfe. Während ihres Aufenthalts in Bodhgaya spendeten sie ein Wellblechdach für die Terrasse unserer Mädchenschule in Karma und kauften neue Stühle für unsere Schülerinnen. Danke für Alles Michelle und Harald! Auch für Eure Zeit vor Ort!



In diesem Jahr erhielten wir wieder eine großzügige Spende von Wezupa e.V. , dessen Vorstand Helge Rogalle ein langjähriger Spender von A Bowl of Compassion ist.

Muraris Sohn Nikhil unterrichtet unsere Schülerinnen in Karma


Durch die Hilfe von Wezupa e.V konnten wir unsere Klassenräume durch längst fällige Renovierunsgarbeiten erstmals zu modernen Klassenzimmern mit Strom, Deckenlicht, und verputzten Wänden umgestalten. Besonders in unserer Mädchenschule war dies ein längst fälliges Projekt. 1000 Dank an dich Helge und alle Mitgleider von Wezupa e.V.

Wie jedes Jahr feiern wir mit den Kinder das Holi Festival. Das Holi-Festival ist eines der farbenfrohsten und fröhlichsten Feste in Indien. Es wird traditionell im Frühling gefeiert und markiert das Ende des Winters sowie den Sieg des Guten über das Böse. Dabei werfen sich die Menschen mit buntem Pulver (Gulal) ab, tanzen, singen und genießen gemeinsame Mahlzeiten. Holi steht für Gemeinschaft, Lebensfreude und den Wunsch, alte Konflikte loszulassen und neu anzufangen. Unsere Kinder freuen sich das ganze Jahr auf diese Zeit.

Unsere Suppenküche ist inzwischen auch mobil unterwegs: Wir verteilen hausgemachte, gesunde Mahlzeiten an bedürftige Menschen direkt auf den Straßen von Bodhgaya. Verpackt in umweltfreundliche Bananenblätter, sorgen wir nicht nur für volle Mägen, sondern auch für einen kleinen Beitrag zum Umweltschutz.

Die SRH Stiftung unterstützte A Bowl of Compassion mit 1.000 Euro, wodurch wir neue Schulbücher für unsere Mädchenschule kaufen konnten. Diese Anschaffung war von großem Wert für uns, und wir danken der SRH Stiftung von Herzen für ihre großzügige Spende. Ein besonderer Dank gilt Sharia Gali die den Kontakt zur SRH Stiftung überhaupt erst ermöglicht hat.


Wir danken an dieser Stelle auch allen von Euch, die sich über unsere Website an der Sammelaktion für Schulbücher beteiligt haben. Dank Eurer Unterstützung konnten wir die dringend benötigten Bücher für unsere Grundschule in Bodhgaya anschaffen. Eure Hilfe macht einen echten Unterschied – vielen Dank dafür!